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Vom Rohstoff zur Kleidung und zurück: So schließt wear2wear den Textilkreislauf

Julia Bernert

Veröffentlicht am 18.11.2019

Wenn heute in der Bekleidungsindustrie von recyceltem Polyester gesprochen wird, ist meist die Rede von Polyester aus recycelten PET-Flaschen. Aber was ist mit der Wiederverwertung von getragener Kleidung? Die Realisierung der schönen Idee, irgendwann einmal Textil-Rohstoffe in unendlichen Kreisläufen immer wieder verwenden zu können, würde die Ressourcen schonen und erdölbasierten Fasern den ökologischen Schrecken nehmen. Nur: Bislang gibt es solche kreislauffähigen Kollektionen noch nicht. Oder doch?

Die wear2wear Initiative aus hochspezialisierten europäischen Unternehmen aus der Textil- und Bekleidungsindustrie hat vor etwa zwei Jahren begonnen, diese Idee in die Tat umzusetzen. Beteiligt sind u.a. der Funktionsstoffe-Spezialist Schoeller Textil AG aus der Schweiz, Laminathersteller Sympatex Technologies, Recycler und Garnhersteller Heinrich Glaeser Nachfolger und Märkische Faser sowie der niederländische Workwear Spezialist und Inspirator für das Konzept DutchSpirit. Sie treten den Beweis an, dass das Recyceln von getragener Bekleidung aus Polyester ohne Qualitätsverlust und im industriellen Maßstab machbar ist. Die technischen Möglichkeiten stehen längst zur Verfügung.

Wichtigste Voraussetzung zum Recyceln von Kleidung: Sortenreinheit. Das heißt: Zipper, Knöpfe und Stickereien müssen aus Polyester bestehen, andere Bestandteile – z.B. Reflektorstreifen – müssen leicht abtrennbar sein. „Je weniger dazu kommt“, erklärt Erik Toenhake von DutchSpirit, „desto besser“. Die getragene Bekleidung wird gesammelt, mechanisch zerkleinert und eingeschmolzen. Am Ende des Prozesses steht ein hochwertiges Granulat aus Polyester Polymeren, das wieder zu Garn versponnen werden kann. Technisch ist das machbar: „Von unserer Seite her ist das Recyceln unproblematisch“, sagt Stefan Fichter, von Märkische Faser. Erst vor wenigen Monaten hat er die zweite Polyester Recycling Anlage in Betrieb genommen.

Dass daraus hochwertige und komfortable Stoffe entstehen, dafür sorgt die Schoeller Textil AG, die sich auf hochfunktionelle Gewebe für die Sport- und Arbeitsbekleidung spezialisiert hat. In der Gewebegruppe Inspire bietet sie recycelbare wear2wear Stoffe an, die zudem bluesign zertifiziert sind. „Um sich alles besser vorstellen zu können“, erklärt Erik van Es von Schoeller Textil, „haben wir gerade unsere erste wear2wear Jacke produziert.“ Premiere hat sie auf der kommenden A+A in Düsseldorf. Vor allem bei der Berufsbekleidung sehen die Akteure große Chancen. „Man braucht fürs Recycling große Mengen“, so Toenhake, und auch der Rücktransport zum Recycler kann über Unternehmen leichter organisiert werden.

Im Vergleich zu Billiganbietern aus Fernost sind die in Europa produzierten wear2wear Stoffe noch teurer. „Je mehr mitmachen, desto günstiger werden sie“, sagt Toenhake und ergänzt: „Es war uns wichtig, einfach mal damit zu starten. Die Probleme muss man auf dem Weg lösen.“

Autorin: Dr. Regina Henkel
Foto: DutchSpirit / Schoeller Textil AG